Clausnitz und St.-Finger

Große Aufregung!!! Poah, man stelle sich vor: die Leute im Bus haben zur Eskalation beigetragen: Stinkefinger gezeigt, und eine Frau habe gegen die Scheibe gespuckt! Das geht doch nicht, Ihr Flüchtlinge. Wenn man Euch bedroht, Euch entgegenjohlt, Euch anpöbelt: da hat Ihr gefälligst still zu sein. Sonst muss die Polizei kommen und die beleidigten Hetzer schützen. Sonst gibt es Anzeigen wegen Beleidigung doitscher Bürger. Neinnein. Wenn Ihr in einen Pogrom von Doitschen kommt, die ihre Heimat gegen fremdes Volk, ihre Identität und Kultur verteidigen, dann schweigt bescheiden, habt Panik in den Augen, seid Opfer. Das gehört sich bei uns so, das sind unsere Werte!!!

21.2.

Kommentar des tagesspiegel:

Die Polizei hat alles richtig gemacht. Alle „Maßnahmen waren notwendig“ und in „ihrer Art und Weise absolut verhältnismäßig“. Zugespitzt hat sich die Situation erst, als Flüchtlinge „aus dem Bus gefilmt und provoziert“ haben. Gegen drei „Provokateure“ aus dem Bus wird jetzt Strafanzeige geprüft, und zwar wegen Beleidigung. So etwa resümiert der Chemnitzer Polizeipräsidenten Uwe Reißmann das, was in Clausnitz passiert ist.

Diese Pressekonferenz, Cornelius Pollmer hat sie via Periscope übertragen, war verstörend. Ganz ohne auch noch an die rechtsextremen Umtriebe in Sachsen zu denken und die Zurückhaltung an vielen Stellen, dagegen vorzugehen. Es genügt, den Worten Reißmanns zuzuhören, und eine Geisteshaltung tut sich auf, die Angst macht.

Wenn ein rechter Mob einem Bus mit 24 Asylsuchenden über Stunden den Weg zur Sammelunterkunft blockiert, dann ist das ein Bus voller Schutzbefohlener, die von einer organisierten Menge bedroht werden. Sollte man meinen. Doch davon ist keine Rede. Den grölenden Rassisten habe man zwar per Lautsprecher mit „Räumung gedroht“, aber mit dem Wissen, „das nicht durchsetzen zu können“. Stattdessen wurde „die Räumung des Busses vorbereitet“.

Wie es den Flüchtlingen, den Menschen im Bus ging, hat an diesem Abend keine Rolle gespielt. Und die nachträgliche Lageanalyse am Samstag könnte auch einem von Protesten begleiteten Viehtransport gelten. 

Ein etwa zehnjähriger Junge (das Alter hat die Polizei geschätzt) zeigte den Rechtsextremisten, die ihn und seine Familie mit Hass überschütteten den Stinkefinger. Und das ist jetzt einer der Provokateure, die mit „einfachem und unmittelbarem Zwang“, der „vorher abgesprochen“ war, aus dem Bus gezerrt und in die Unterkunft bugsiert werden mussten? „Völlig verhältnismäßig?“ Wer das Video davon und die Angst im Gesicht dieses Kindes gesehen hat, kann dem nicht zustimmen.

Und die Rassisten? Wird gegen diese Menschen vorgegangen? Nun, sie hatten sich „versammelt“. Dass sie auf den Räumungsbefehl nur mit „Gelächter“ reagierten, reicht nicht für den „Tatbestand der Nötigung“ und wird deshalb jetzt auch nicht geahndet. Flüchtlinge bedrohen, vor den Augen der Polizei, bleibt also ungestraft.

http://www.tagesspiegel.de/politik/clausnitz-und-die-polizei-eine-haltung-die-verstoert/12993310.html

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